Ich liebe die Zwiebelfisch-Kolumne und der Artikel Werbung mit Spliss zeigt schöne Beispiele für die Unfähigkeit vieler Werbeschreiberlinge, deren grausame Werke man tagtäglich lesen oder hören muss.

Dass die Unfähigkeit zum richtigen Umgang mit der deutschen Sprache auch schon in die eher höherwertigen Gefilde der Werbeindustrie vorgedrungen ist, ist ein Zeichen für den schlechten Allgemeinzustand unserer Bildung.

Man kann es selbstverständlich mit natürlicher Evolution der Sprache erklären. Sprache ist ja schließlich etwas Lebendiges. Aber dieser arge Ignoranz jeglicher Regeln in den letzten Jahren ist für mich schon erstaunlich. (Ich sage das aus der Sicht von jemandem, der auf so etwas achtet und der noch relativ jung ist. Jemand, der 5 Jahrzehnte hinter sich hat, wird vielleicht sagen, dass das jetzt gar nichts Außergewöhnliches ist und immer schon so war …)

Neben der Werbeindustrie gibt es noch ein zweites Feld, an dem man verzweifeln kann: der österreichische Rundfunk, kurz ORF, und die meisten anderen Nachrichtenmedien. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat eigentlich einen Bildungsauftrag, den es aber nach Meinung vieler schon lange nicht mehr erfüllt. Sei’s drum. Allein schon danach, wie dort etwas vermittelt wird, muss ich mir manchmal die Haare raufen.

Da wird von „kids“ gesprochen und von „voten“ statt „abstimmen“, von „sale“ statt „(Schluss-/Ab-)Verkauf“ und was weiß ich allem. Hauptsache es klingt cool. Außerdem heißt es da, ohne dass jemand rot wird, „Die Telefone sind nun freigeschalten“ oder „Ihm ist scheinbar schlecht“, aber eigentlich ist „Ihm ist anscheinend schlecht“ gemeint. Und „in 2012“ geschehen viele Dinge anstatt einfach „2012“ oder „im Jahr 2012“. Auch wird die praktische Aneinanderreihung von Wörtern zu einem neuen Wort über Bord geworfen für wilde Bindestrichkonstruktionen oder gar englischer Schreibweise mit Leer Zeichen dazwischen. Ach, diese Feinheiten sind ja nicht wichtig! Oder wenn sich Moderatoren in einem Wiener Studio anhören wie frisch aus Norddeutschland importiert und „frei Schnauze“ reden anstatt „wie ihnen die Goschn gewachsen ist“, dann frage ich mich nach dem Sinn dahinter.

Nicht die Tatsache, dass jeder mit dem Internet öffentlich seinen Senf zu allem schreiben kann – und das in je nach Bildungsgrad unterschiedlicher Qualität oder dass durch SMS und IM die Leute immer kürzer und unpräziser schreiben, fördert diesen Regelverfall, sondern dass von Berufswegen her (vermeintlich) professionell Ausgebildete schon nicht mehr wissen, in welcher Form sie etwas richtig vermitteln sollen. Wer schon in Zeitungen und im Fernsehen alles falsch hört und sieht, den kann man „Oma’s Würstel Stand“ (ein Firmenname) und „no limit’s“ (Name einer Musikgruppe) nicht mehr vorwerfen.

 
 

Um die Nacht zum Feiertag nicht ganz so trist abzuschließen, mache ich noch einen Schwenk zur Schreibarbeit (was hauptsächlich Übersetzungsarbeit meint) bei Projekten freier Software:

Gerade die offene Kultur bei freien Software-Projekten verhilft manchmal zu außerordentlicher Qualität bei Übersetzungen, wie mir manchmal auffällt (selbstverständlich nicht immer und überall). Als Mozilla- und Ubuntu-Nutzer fallen mir spontan Teile dieser Projekte ein. Es ist natürlich nicht alles super, aber manchmal ist der Anreiz einer guten Reputation oder einer guten Verständlichkeit für alle Nutzer/Leser mehr Wert als die Standardbezahlung für Hinterzimmerwerbefritzen oder Bezahlübersetzer, die Arbeiten von der Stange abliefern. Auch wenn diese Leute nicht professionelle Redakteure oder Übersetzer sind.

Hinterlasse einen Kommentar

XHTML: Du kannst folgende Tags nutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <blockquote cite=""> <code> <em> <strong>