Mark Shuttleworth und das Ayatana-Team von Canonical möchten das Benachrichtigungssystem umkrempeln. Der Bereich, der unter Windows „System Tray“ heißt und sich rechts unten in der Taskleiste neben der Uhr befindet, befindet sich z.B. bei GNOME rechts oben – ebenfalls neben der Uhr, neben dem Benutzermenü und anderen Symbolen für Netzwerkverbindungen, Lautstärke usw. Dort finden sich üblicherweise auch Benachrichtungs- und Systemstatussymbole. Unter Windows melden sich dort gerne die berühmten Sprechblasen („Baloons“). Unter Ubuntu gibt es dort seit 2 Versionen die hübschen, nicht anklickbaren Informationsblasen.
Mit dem Ayatana-Team soll in diesem Bereich des Bildschirms nun alles möglichst vereinheitlicht werden. Möglichst nur noch ein Symbol für Lautstärke, Netzwerktätigkeiten, Nachrichtenprogramme, Benutzerstatus, Uhr usw. Sie sollen ein Menü haben, das nicht veränderbar ist, damit Programmentwickler nichts hineinpfuschen und den Benutzer verwirren können.
An sich finde ich das eine gute Sache. Es ist schön, wenn sich ein Team, eine Firma oder eine Gruppe von Leuten auf ein Problem stürzt, für das es bislang noch keine besondere Pflege gab (zumindest unter GNOME ist das so; KDE hat angeblich ein gut durchdachtes Benachrichtigungssystem).
Jedoch teile ich die kritische Meinung einiger deutschsprachiger Ubuntu-Blogger, dass sich Mark und Canonical da in ein Problem vertiefen, das eigentlich gar kein so großes ist. Es gäbe so viele andere Felder, die mehr „Liebe“ benötigen würden – auch abseits der tollen 100-Paper-Cuts. Die sehr begrenzten Resourcen von Canonical werden also für ein kleines „Problem“ von anderen Arbeiten abgehalten.
Das zweite Problem an der Sache ist, dass GNOME 3 erst frühestens im Herbst 2010 veröffentlicht wird und noch gar nicht völlig absehbar ist, wie die Benachrichtigungen dort gehandhabt werden. Vielleicht bringen die GNOME-Entwickler ja ein eigenes, neues System mit, das sich besser in die GNOME-Shell integriert als in das bisherige Panel-System.
Das führt mich gleich zum dritten und gravierendsten Problem: Es ist noch gar nicht sicher, dass GNOME oder gar KDE die Mühen von Canonical in ihre Projekte übernehmen und so der ganzen Linux-Gemeinde zugänglich machen werden.
Fehler
Mark darf nicht den Fehler machen, den auch schon IBM am Anfang seines Linux- und Open-Source-Engagements vor 10 Jahren gemacht hat: Teile des Linux- und Open-Source-Kosmos kontrollieren zu wollen (englisch).
Mark ist äußerst motiviert, seit er Ubuntu 2004 in die Welt der Linux-Distributionen entlassen hat. Und das hat ihm bereits viele Feinde und Neider unter den anderen, älteren Distributionen geschaffen. Wenn er nun versucht, außerhalb jeder „übergeordneten“ Instanz – sei es GNOME, sei es KDE, sei es freedesktop.org – etwas zu erschaffen, mit dem er auch andere Distributionen außer Ubuntu selbst beglücken will, ist das meiner Meinung nach von vornherein zum Scheitern verurteilt. So funktioniert die Open-Source-Welt nicht.
Das ist auch das Problem, das man hätte, wenn man auf einmal 100.000 Euro zur Verfügung hätte und irgend etwas aus der Open-Source-Welt, das man gerne verbessert gesehen hätte, unterstützen wollte. Man könnte mit dem Geld zwar Leute finden, die sich irgendwie mit dem Quelltext auskennen, aber ob das programmierte Ergebnis dann von den anderen Entwicklern an dem Programm akzeptiert und übernommen wird, ist mehr als fraglich.
Ich hoffe, Mark fällt mit seinem Vorgehen nicht auf die sprichwörtliche Schnauze. Denn das wäre sehr schade für Ubuntu und für Linux insgesamt.
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