Das quelloffene XML-Dokumentenformat OpenDocument v1.1 vom 19. Oktober 2006 bringt ein paar Verbesserungen der Zugänglichkeit, Umformulierungen von uneindeutigen Erklärungen und Schreibfehlerkorrekturen. Die genaue Auflistung findet sich in der OASIS-Spezifikation zu OpenDocument v1.1 im Kapitel G.4.
OpenDocument v1.1-Spezifikation ansehen (Übersicht auf OASIS-Website)
Wieso erwähne ich diese unspektakulären Fakten? Aus zweierlei Gründen. Erstens hoffe ich, dass diese Korrektur der OpenDocument-Spezifikation bald die alte Version v1.0 in allen Anwendungen ersetzt (vor allem in OpenOffice.org; in der aktuellen Version des Büropakets war v1.1 noch nicht verfügbar). Zweitens hoffe ich, dass der Abschluss der Fehlerausbesserung für Version 1 endlich den Weg frei macht für die Entwicklung von OpenDocument v2.0 v1.2.
Wieso eine Weiterentwicklung so wichtig ist? Nun, von einigen Seiten kommt immer wieder der Vorwurf, dass OpenDocument unausgereift und noch unvollständig sei. Ob das stimmt oder nicht, kann ich nicht sagen. Dazu habe ich leider noch keine neutralen Dokumente lesen können, die ein Laie wie ich verstehen kann.
Egal ob und wie sehr es wahr ist, ausbaufähig ist OpenDocument auf alle Fälle.
Vergessen wir einmal den ganzen Streit zwischen Microsoft und IBM/Sun, ob Microsoft nun das Rad wieder neu erfindet anstatt Bestehendes zu verwenden oder ob eine ECMA-Ratifizierung nichts ist zum Vergleich einer Veröffentlichung von OpenDocument durch ISO.
Von einem objektiven Standpunkt aus betrachtet sollte die Arbeit an OpenDocument v2.0 v1.2 vor allem dort ansetzen, wo Microsoft behauptet, dass sein eigens kreiertes Format Office Open XML (OOX) weiter sei als OpenDocument (ODF). Das betrifft wohl vor allem die Speicherung von komplizierteren Tabellenkalkulationen (in MS Office Excel mit OOX bzw. OpenOffice.org Calc mit ODF), die Microsoft-Entwickler wie Brian Jones in ODF für unzureichend halten. Auch gibt es eine Reihe von Formatierungen, die OOX kennt, ODF jedoch nicht (siehe einige Details hierzu in der Dokumentation zu Microsofts unfertigem ODF-Konverter). Diese Unterschiede sind historisch begründet.
OOX tritt die Nachfolge von MS Office-Formaten wie .doc, .xls usw. an. ODF ist der Nachfahre des StarOffice-Formats von Sun. Microsoft ist bestrebt, beim Konvertieren zwischen OOX und seinen alten Formaten keinerlei Informationen einzubüßen, was die Spezifikation natürlich sehr verkompliziert und aufbläht. (Unter anderem deshalb umfasst die OOX-Spezifikation rund 4.000 Seiten, während ODF mit wenigen 700 auskommt. Quelle). Nun rächen sich die Unterschiede in den Formaten zwischen den einzelnen MS Office-Versionen der letzten 10 Jahre.
Einschub: Diese einseitige Verbundenheit mit älteren MS Office-Formaten ist es auch, neben der Abhängigkeit von Microsoft, die mir persönlich OOX weniger offen und zukunftssicher erschenien lässt als ODF, das wirklich offen ist und noch dazu frei. Denn ODF wird von der unabhängigen Organisation OASIS gemacht.
Realistischerweise muss man sagen, dass mit großer Wahrscheinlichkeit OOX das Rennen machen und ODF ein Schattendasein führen wird. Die Verbreitung von MS Office ist einfach zu riesig und die Marktmacht von Microsoft so stark, dass OOX locker zum Hauptdateiformat der westlich geprägten Welt sein wird. (China geht seinen eigenen Weg mit Uniform Office Format (UOF).) Der einzige Vorteil für ODF ist seine Unabhängigkeit und Freiheit, was es speziell für die Wissenschaft, Regierungen und die EU interessant macht, weniger für die meisten Privatleute und Firmen (obwohl gerade Firmen darauf achten sollten, dass ihre Dokumente auch in 20 Jahren noch einfach zu lesen sind).
Das führt mich zum Abschluss dieses Artikels: Warum soll IBM/Sun endlich über seinen engstirnigen Anti-Microsoft-Schatten springen und OpenDocument v2.0 v1.2 Microsoft’sche (sinnvolle) Formatierungen interpretieren können? Damit der Austausch mit OOX-Formaten reibungsloser vonstatten gehen kann und wenigstens diejenigen, die ein wirklich offenes Format benutzen wollen, dies auch wirklich können, ohne zu viele Daten zu verlieren oder Zeit zum Konvertieren zu vergeuden. Denn das Ziel jedes Dateiformats sollte das Wohl des Kunden/des Anwenders und die Langlebigkeit seines geistigen Schaffens sein. Da wir wissen, dass dies nicht Microsofts vorrangiges Ziel ist, sollte dies wenigstens ODF verfolgen – auch für MS Office-Geplagte, die ODF nutzen wollen.
Update
Die Zukunft bringt als nächstes OpenDocument v1.2 und ist für Ende 2007 geplant!
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