Schon seit Monaten ist es bekannt, leider tut niemand etwas dagegen: Nach der gescheiterten ISO-Abstimmung über OOXML (Ecma 376, ISO DIS 29500) am 2. September 2007 ist das für Dokumentenformate zuständige Komitee SC 34 bei der ISO lahm gelegt (z.B. Golem, ORF). Die meisten der extra kurz vor der damaligen Abstimmung dem Komitee beigetretenen ISO-Mitglieder verweigern seitdem die Mitarbeit. Da für eine gültige Abstimmung mindestens die Hälfte der Komiteemitglieder teilnehmen muss, ist das Komitee seitdem praktisch handlungsunfähig.

Dieses Verhalten der jüngsten Komiteemitglieder bestätigt die Ansicht vieler Beobachter, dass diese Staaten bloß eingetreten sind, um Microsofts OOXML durchzuwinken. Wer sie überredet oder bezahlt hat, das zu tun, sei dahin gestellt. Die Frage ist, was tut die ISO dagegen? Ich habe noch von keinen Aktivitäten gehört, die dieses lächerliche aber äußerst bedenkliche Trauerspiel bei der ISO beendet oder korrigiert. Ich nehme an, es wird auch nichts geschehen. Zu groß sind die wirtschaftlichen Interessen am schnellen Durchwinken von Firmenstandards hin zu internationalen Normen. Die ECMA ist dafür die perfekte Tarnung Plattform.

Wie geht es nun weiter? Ende Februar ist die 2. Abstimmung zu OOXML. Bis dahin müssen alle Bedenken ausgeräumt werden, die bei der letzten Abstimmung zum Scheitern geführt haben. Die ECMA hat dazu bereits ein 2.300 Seiten langes Papier veröffentlicht. Man wird sehen, ob sich die Staaten, die negativ gestimmt haben, mit den Änderungen zufrieden gestellt werden. Die Kritik an OOXML und an den Änderungen verhallt jedoch nicht.

Problematisch aus Sicht eines Österreichers finde ich das Verhalten des österreichischen Normungsinstituts zu OOXML. Wo gibt es eine offizielle Stellungnahme zum Abstimmungsverhalten auf der ÖNORM-Website? Wer sind die stimmberechtigten Mitglieder des ON-Komitees ON-K 001 „Informationsverarbeitung“? Wer hat wie abgestimmt? Wer wird von wem dort hin geschickt und bezahlt? Das ÖN hat dazu nie irgend etwas gesagt, sogar den ORF lässt man mit unbeantworteten Fragen zurück (bis heute). Anfang September habe ich diesbezüglich eine E-Mail an die ÖN geschickt. Zurück kam bloss die Antwort, wenn ich als Experte mitarbeiten wolle, solle ich mich doch mit einem offiziellen Aufnahmeverfahren bei der ÖN anmelden.

Ich nenne es besser beim Wort: Demokratiepolitisch ist das Verhalten der ÖN eine Schande. Wo ist die Transparenz? Wo wird die Entscheidung erläutert und begründet? Wird hier nur hinter verschlossenen Türen abgestimmt zwischen „Experten“? Ich bezweifle offen die Unabhängigkeit dieser sogenannten Experten.

Wer am Laufenden zu diesem Thema bleiben will, muss sich im Web selbst umsehen. Von offizieller Seite (ISO, ÖN, …) gibt es so gut wie nichts darüber zu lesen. Das Blog Rob Weir von IBM oder jenes von Anwalt Andy Updegrove (ConsortiumInfo.org) sind beispielsweise gute kritische Informationsquellen.

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