Ich kann mir leider nicht verkneifen zu sagen: Microsoft ist der Meister der Ankündigungen – offiziell oder inoffiziell. Was diese Firma nicht alles plant, ist fantastisch. Aber im Hinblick auf die Aktionäre kommt das wohl nicht von ungefähr. Man muss ja zeigen, dass man arbeitet und in naher oder ferner Zukunft viele potentielle neue Geldquellen erschließen wird.

Nun haben Sie einen dieser Pläne wieder abgesagt: Das Courier-Tablet kommt vorerst nicht auf den Markt. Eigentlich hätte es ein iPad-Killer werden sollen, können, müssen.

Naja. Es reiht sich in die Masse der anderen Pläne ein. Windows Phone 7, datenbankartiges Dateisystem

Das muss man hingegen Apple lassen: Die kündigen nichts an, schüren nur die Gerüchteküche und präsentieren serienreife Produkte. Und Apple gewinnt damit viele Kunden, viel Werbung und viel Geld.

Mark Shuttleworth und das Ayatana-Team von Canonical möchten das Benachrichtigungssystem umkrempeln. Der Bereich, der unter Windows „System Tray“ heißt und sich rechts unten in der Taskleiste neben der Uhr befindet, befindet sich z.B. bei GNOME rechts oben – ebenfalls neben der Uhr, neben dem Benutzermenü und anderen Symbolen für Netzwerkverbindungen, Lautstärke usw. Dort finden sich üblicherweise auch Benachrichtungs- und Systemstatussymbole. Unter Windows melden sich dort gerne die berühmten Sprechblasen („Baloons“). Unter Ubuntu gibt es dort seit 2 Versionen die hübschen, nicht anklickbaren Informationsblasen.

Mit dem Ayatana-Team soll in diesem Bereich des Bildschirms nun alles möglichst vereinheitlicht werden. Möglichst nur noch ein Symbol für Lautstärke, Netzwerktätigkeiten, Nachrichtenprogramme, Benutzerstatus, Uhr usw. Sie sollen ein Menü haben, das nicht veränderbar ist, damit Programmentwickler nichts hineinpfuschen und den Benutzer verwirren können.

An sich finde ich das eine gute Sache. Es ist schön, wenn sich ein Team, eine Firma oder eine Gruppe von Leuten auf ein Problem stürzt, für das es bislang noch keine besondere Pflege gab (zumindest unter GNOME ist das so; KDE hat angeblich ein gut durchdachtes Benachrichtigungssystem).

Jedoch teile ich die kritische Meinung einiger deutschsprachiger Ubuntu-Blogger, dass sich Mark und Canonical da in ein Problem vertiefen, das eigentlich gar kein so großes ist. Es gäbe so viele andere Felder, die mehr „Liebe“ benötigen würden – auch abseits der tollen 100-Paper-Cuts. Die sehr begrenzten Resourcen von Canonical werden also für ein kleines „Problem“ von anderen Arbeiten abgehalten.

Das zweite Problem an der Sache ist, dass GNOME 3 erst frühestens im Herbst 2010 veröffentlicht wird und noch gar nicht völlig absehbar ist, wie die Benachrichtigungen dort gehandhabt werden. Vielleicht bringen die GNOME-Entwickler ja ein eigenes, neues System mit, das sich besser in die GNOME-Shell integriert als in das bisherige Panel-System.

Das führt mich gleich zum dritten und gravierendsten Problem: Es ist noch gar nicht sicher, dass GNOME oder gar KDE die Mühen von Canonical in ihre Projekte übernehmen und so der ganzen Linux-Gemeinde zugänglich machen werden.

Fehler

Mark darf nicht den Fehler machen, den auch schon IBM am Anfang seines Linux- und Open-Source-Engagements vor 10 Jahren gemacht hat: Teile des Linux- und Open-Source-Kosmos kontrollieren zu wollen (englisch).

Mark ist äußerst motiviert, seit er Ubuntu 2004 in die Welt der Linux-Distributionen entlassen hat. Und das hat ihm bereits viele Feinde und Neider unter den anderen, älteren Distributionen geschaffen. Wenn er nun versucht, außerhalb jeder „übergeordneten“ Instanz – sei es GNOME, sei es KDE, sei es freedesktop.org – etwas zu erschaffen, mit dem er auch andere Distributionen außer Ubuntu selbst beglücken will, ist das meiner Meinung nach von vornherein zum Scheitern verurteilt. So funktioniert die Open-Source-Welt nicht.

Das ist auch das Problem, das man hätte, wenn man auf einmal 100.000 Euro zur Verfügung hätte und irgend etwas aus der Open-Source-Welt, das man gerne verbessert gesehen hätte, unterstützen wollte. Man könnte mit dem Geld zwar Leute finden, die sich irgendwie mit dem Quelltext auskennen, aber ob das programmierte Ergebnis dann von den anderen Entwicklern an dem Programm akzeptiert und übernommen wird, ist mehr als fraglich.

Ich hoffe, Mark fällt mit seinem Vorgehen nicht auf die sprichwörtliche Schnauze. Denn das wäre sehr schade für Ubuntu und für Linux insgesamt.

Ich hab ja schon länger nichts mehr über CSS geschrieben. Der aktuelle Artikel auf hacks.mozilla.org gibt mir mal wieder einen Grund dazu.

Im Artikel The CSS 3 Flexible Box Model wird über eine neue Art des „Kästchenschemas“ erzählt, das wir aus CSS 1 und 2 lieben und hassen gelernt haben. Es gibt auch schon andere Ansätze, die alten Tabellenlayouts auf bessere und einfachere Art zu ersetzen als bisher, aber mit Flexible Box Model wird etwas Altbewährtes verbessert, z.B. beliebige horizontale und vertikale Anordnung sowie einfachere Breitenanpassung.

Gecko und Webkit haben die sich noch in Arbeit befindlichen Fassungen angeblich schon implementiert. Jetzt fehlt nur noch die Fertigstellung des Webstandards und die vollständige Umsetzung in allen bekannten Browsern – einschließlich des IE. Aber Microsoft hat ja eh angekündigt, mit dem IE9 wirklich auf Webstandards setzen zu wollen. Es gibt für die Zukunft also gar kein Problem …

Derjenige, der maßgeblich daran beteiligt war, Microsofts OOXML als Norm in den ISO-Gremien wortwörtlich durchzudrücken, hat sich nun zu Wort gemeldet – 2 Jahre, nachdem DIS 29500 in einem umstrittenen Verfahren abgesegnet worden ist.

Um was geht es? Ich habe früher schon darüber berichtet:

  1. Microsofts OOXML ist durch
  2. Bald OOXML-Abstimmung, ISO-Komitee lahm gelegt
  3. Die Probleme mit Office Open XML (OOXML)
  4. Accessibility Issues with Office Open XML
  5. Links zum Thema ODF gegen OOXML
  6. Suche nach Widersprüchlichkeiten bei OOXML

Außerdem gibt es auch bei Rob Weir manchmal einen interessanten Beitrag dazu wie z.B. Asking the right questions about Office 2010’s OOXML support.

Komödie oder eher Tragödie

Nun, diese Nachricht von Alex Brown ist wenig überraschend und Microsofts Verhalten war vorherzusehen. Die ganze Geschichte mit der Normierung von Microsofts internem Dateiformat für sein Office-Paket war so offensichtlich aufgezogen, dass man es von Anfang an nicht anders deuten konnte als eine Schmierenkomödie – falls man kein Lobbyist für Microsoft war oder von einem solchen geblendet worden ist.

Das kommt eben heraus, wenn man ein (vormals oder vermeintlich) unabhängiges Normengremium von einer Firma öffentlich missbrauchen lässt.

Der Vorteil für Microsoft liegt auf der Hand: Sie haben das Argument gegenüber Kunden gewonnen, ein genormtes ISO-Dateiformat anbieten zu können (natürlich stimmt das nicht, da Microsoft Office eben nicht das ISO-genormte OOXML verwendet, sondern seine eigene Abwandlung davon; aber das wissen die Kunden ja nicht).

Und der Vorteil für die ISO? Es gibt keinen. Falls es jemals einen gegeben hat (vielleicht mehr Aufmerksamkeit von Seiten der Wirtschaft auch abseits der Schraubenhersteller), so wurde er längst durch den in eingeweihten Kreisen zerstörten guten Ruf und Microsofts Verhalten in den letzten 2 Jahren neutralisiert.

Fazit für MS Office

Microsoft Office 2010 wird kein korrektes ISO 29500 verarbeiten und speichern können. Auch 2 Jahre nach der Verabschiedung des hauseigenen Dateiformats nicht. Es gibt zugegebenermaßen einige Abweichungen von Microsofts ursprünglichem Vorschlag in der Norm, aber in 2 Jahren muss ein großer Konzern doch in der Lage sein, einen angeblich so einfach zu implementierbaren Standard und die darin enthaltenen Änderungen durch die ISO in das eigene Produkt zu übernehmen.

Microsoft Office kann auch nicht anständig mit ISO 26300 (ODF) umgehen. 2008 gab es noch Hoffnungen diesbezüglich, aber die haben sich verflogen. Robert Weir hat das letztes Jahr eingehend untersucht: 1. Artikel, 2. Artikel über Microsoft Excels Zerstörung von ODF-Formeln. Offensichtlicher kann man eine konkurrierende ISO-Norm nicht torpedieren und für Kunden unattraktiv machen.

(Das erinnert mich alles ein wenig an Microsofts Vorgehen bei der Umstellung der Londoner Börse auf Windows-Server: Microsoft hat das werbewirksam für sich ausgeschlachtet und die Konkurrenz verbal niedergemacht. Dass London kurze Zeit später wieder weg von Windows und auf Linux umgestiegen ist, wie übrigens alle großen Börsen der Welt, wird natürlich totgeschwiegen. Microsofts Konkurrenz hat keinen werbewirksamen Gewinn davon, da sie nicht die Marktmacht und die Geldmittel wie Microsoft besitzen.)

Michael „coce“ und ich haben vorhin die Änderungsvorschläge von Robert „rb“ an der Firefox-Funktionsübersicht eingearbeitet und es zeigt sich einerseits, dass Deutsch so eine wundervolle Sprache ist, weil man durch die kleinste Nuance, die kleinste Änderung einer Wortstellung im Satzgefüge oder das Einfügen oder Weglassen eines simplen Artikels viel bewirken kann. Andererseits gibt es Möglichkeiten in der deutschen Sprache, Formulierungen absolut unverständlich zu verfassen, sodass man einen Satz oder Absatz erst nach mehrmaligem Durchlesen versteht. Beamtendeutsch ist (besonders in Österreich) so ein Fall oder auch folgendes Beispiel (das nichts mit Firefox oder seinen Webseiten zu tun hat):

Das anliegende Unterschriftsblatt (weiß) bitten wir unter Beachtung der Bemerkung auf der Rückseite des für Sie bestimmten Unterschriftmerkblattes (gelb) auszufertigen und in dem beigefügten Freiumschlag an uns zurückzusenden. – Quelle

Manchmal ist es nicht leicht, einen technischen englischen Satz in kurzes, klares Deutsch zu übersetzen.

Mark Twain hat einmal treffend festgestellt:

Wenn der deutsche Schriftsteller in einen Satz taucht, hat man ihn die längste Zeit gesehen. Bis er auf der anderen Seite seines Ozeans wieder auftaucht – mit einem Verbum im Mund. – Quelle

So schlimm war es heute nicht, aber man muss doch Acht geben, verschachtelte Sätze oder Passivkonstruktionen oder „es/man“-Sätze oder überlange Attributkonstrukte usw. zu vermeiden.