Derjenige, der maßgeblich daran beteiligt war, Microsofts OOXML als Norm in den ISO-Gremien wortwörtlich durchzudrücken, hat sich nun zu Wort gemeldet – 2 Jahre, nachdem DIS 29500 in einem umstrittenen Verfahren abgesegnet worden ist.

Um was geht es? Ich habe früher schon darüber berichtet:

  1. Microsofts OOXML ist durch
  2. Bald OOXML-Abstimmung, ISO-Komitee lahm gelegt
  3. Die Probleme mit Office Open XML (OOXML)
  4. Accessibility Issues with Office Open XML
  5. Links zum Thema ODF gegen OOXML
  6. Suche nach Widersprüchlichkeiten bei OOXML

Außerdem gibt es auch bei Rob Weir manchmal einen interessanten Beitrag dazu wie z.B. Asking the right questions about Office 2010’s OOXML support.

Komödie oder eher Tragödie

Nun, diese Nachricht von Alex Brown ist wenig überraschend und Microsofts Verhalten war vorherzusehen. Die ganze Geschichte mit der Normierung von Microsofts internem Dateiformat für sein Office-Paket war so offensichtlich aufgezogen, dass man es von Anfang an nicht anders deuten konnte als eine Schmierenkomödie – falls man kein Lobbyist für Microsoft war oder von einem solchen geblendet worden ist.

Das kommt eben heraus, wenn man ein (vormals oder vermeintlich) unabhängiges Normengremium von einer Firma öffentlich missbrauchen lässt.

Der Vorteil für Microsoft liegt auf der Hand: Sie haben das Argument gegenüber Kunden gewonnen, ein genormtes ISO-Dateiformat anbieten zu können (natürlich stimmt das nicht, da Microsoft Office eben nicht das ISO-genormte OOXML verwendet, sondern seine eigene Abwandlung davon; aber das wissen die Kunden ja nicht).

Und der Vorteil für die ISO? Es gibt keinen. Falls es jemals einen gegeben hat (vielleicht mehr Aufmerksamkeit von Seiten der Wirtschaft auch abseits der Schraubenhersteller), so wurde er längst durch den in eingeweihten Kreisen zerstörten guten Ruf und Microsofts Verhalten in den letzten 2 Jahren neutralisiert.

Fazit für MS Office

Microsoft Office 2010 wird kein korrektes ISO 29500 verarbeiten und speichern können. Auch 2 Jahre nach der Verabschiedung des hauseigenen Dateiformats nicht. Es gibt zugegebenermaßen einige Abweichungen von Microsofts ursprünglichem Vorschlag in der Norm, aber in 2 Jahren muss ein großer Konzern doch in der Lage sein, einen angeblich so einfach zu implementierbaren Standard und die darin enthaltenen Änderungen durch die ISO in das eigene Produkt zu übernehmen.

Microsoft Office kann auch nicht anständig mit ISO 26300 (ODF) umgehen. 2008 gab es noch Hoffnungen diesbezüglich, aber die haben sich verflogen. Robert Weir hat das letztes Jahr eingehend untersucht: 1. Artikel, 2. Artikel über Microsoft Excels Zerstörung von ODF-Formeln. Offensichtlicher kann man eine konkurrierende ISO-Norm nicht torpedieren und für Kunden unattraktiv machen.

(Das erinnert mich alles ein wenig an Microsofts Vorgehen bei der Umstellung der Londoner Börse auf Windows-Server: Microsoft hat das werbewirksam für sich ausgeschlachtet und die Konkurrenz verbal niedergemacht. Dass London kurze Zeit später wieder weg von Windows und auf Linux umgestiegen ist, wie übrigens alle großen Börsen der Welt, wird natürlich totgeschwiegen. Microsofts Konkurrenz hat keinen werbewirksamen Gewinn davon, da sie nicht die Marktmacht und die Geldmittel wie Microsoft besitzen.)

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